Wacker Gothas Zukunft in der Fußball-Oberliga ungewiss

Torsten Graf, 17.04.2013

Wacker Gothas Zukunft in der Fußball-Oberliga ungewiss

Mit Thomas Fiedler, Vizepräsident von Wacker Gotha, sprach Sascha Richter über die Zukunft des Vereins. Eigene A-Junioren sollen besser integriert werden; ehemalige Spieler zurückkehren.

Gotha. Neuer Trainer, neuer Vorstand, neues Konzept - der Fußballsportverein Wacker 03 Gotha steht zehn Jahre nach der Gründung vorm Neubeginn. Thomas Fiedler spielte bis 1993 bei Motor Gotha, ist seit November 2011 Vizepräsident des Vereins und aussichtsreichster Kandidat auf die Nachfolge von Holger Gabe auf den Vorstandsvorsitz.

In diesem Monat feiert Wacker Gotha den zehnten Geburtstag. Ein Grund zum Feiern?

Ich denke ja. Wenn ich meine Kollegen aus dem Vorstand beim Wort nehme, die bei der Gründung dabei waren, hat man dem Verein kein langes Überleben zugesichert. Da denke ich, sind zehn Jahre schon ein Referenzzeitraum, ein Grund zum Anstoßen - nicht mit Champagner, aber mit einem Gläschen Sekt. Schließlich ist in dieser Zeit viel geschaffen worden.

Zum Beispiel?

Ich möchte nicht immer auf der Nachwuchsgeschichte herumreiten, aber wir spielen in jeder Nachwuchsklasse in der höchsten Spielklasse Thüringens. Wir hatten vor zehn Jahren fünf Teams, jetzt sind es zwölf. Ein Jahr Regionalliga der B-Junioren zählt dazu wie drei Jahre Oberliga der Männer und der Aufstieg der Zweiten in die Kreisoberliga. Und das bei einem relativ bescheidenen Etat. Das ist ein Grund zum Feiern.

In der letzten Mitteilung des Vereins hieß es: "Keine finanziellen Experimente", "Oberliga ist eine tote Liga", "vier Mannschaften denken über Rückzug nach". Klingt danach, dass die Würfel gefallen sind: Wacker spielt kommende Saison in der Thüringenliga.

Ich bin froh, dass Sie sagen, nächstes Jahr heißt die Devise Thüringenliga. Es geistern in der Öffentlichkeit Gerüchte herum, dass Wacker zurückzieht oder in der Landesklasse startet. Wenn die Oberliga nicht machbar ist, dann reden wir von der Thüringenliga. Die Würfel sind noch nicht gefallen, wer eins und eins zusammenzählen kann, weiß, dass vieles vom Erwünschten noch illusorisch ist.

Wieso illusorisch?

  • Thomas Fiedler, Vizepräsident des FSV Wacker 03 Gotha: Thomas Fiedler, Vizepräsident des FSV Wacker 03 Gotha: "Wir haben den Lückenschluss zwischen A-Junioren und dem Übergang zum Männerbereich nicht hinbekommen." Foto: Dirk Bernkopf

Unsere Jungs kämpfen sportlich mit viel Herz, wie man gegen Bautzen und Markranstädt sah, als sie große Klasse gespielt haben. Man kann nicht auf Dauer und in jedem Spiel 120 Prozent geben. Finanziell fehlt es dem Verein an der Möglichkeit, das Team aufzurüsten. Deshalb die Aussage, wir arbeiten bis zum letzten Tag, ehe eine Entscheidung fällt, ob wir es uns leisten können, in der Oberliga zu spielen. Wer das Gothaer Umfeld kennt, weiß, dass Finanzquellen nur schwer zu erschließen sind.

Es hängt nur am Geld?

Sicherlich spielen die Finanzen eine Hauptrolle beim Zusammenstellen eines Kaders, der bis Spieler Nummer 15 und 16 ausgeglichen ist. Aber auch Ausgaben für Bus oder Schiedsrichter, die auf Oberliganiveau ausreichend sind, um einen kleineren Verein übers Jahr zu bringen.

Die Lage ist schon seit Jahren prekär. Immer hieß es, Wacker nagt finanziell am Hungertuch, bekam immer gerade so einen Kader zusammen, der aber nie richtig oberligatauglich war...

 ...da möchte ich widersprechen. Der Kader ist oberligatauglich. Die Jungs, die gegen Markranstädt spielten, haben es bewiesen. Wie gesagt: Erstens müssen die Jungs jedes Spiel, jede Woche, zwölf Monate 120 Prozent geben. Da darf keiner ausfallen. Zweitens: Aus der zweiten Reihe kommen kaum Alternativen, die Ausfälle zu kompensieren.

Es wird seit Monaten gemunkelt, dass ein Umbruch im Gang ist. Von Vereinsseite aus hielt man sich stets zurück, nannte immer Stichtage, an denen man an die Öffentlichkeit gehen wollte und verwarf den Termin später wieder. Warum diese Hinhaltetaktik?

Es war und ist keineswegs eine Hinhaltetaktik, ich nehme mich selbst in die Verantwortung, weil ich das eine oder andere unterschätzt habe, als ich Termine genannt habe. Es hat nichts damit zu tun, dass man Leute nicht informieren will. Ich denke, dass es eine Hierarchie für Informationsfluss geben muss. Zuerst muss ich mit Betroffenen sprechen, bin von deren Entscheidungen abhängig, kann dann die Öffentlichkeit informieren.

Was ist herausgekommen?

Wir haben zum Jahreswechsel überlegt, was wir machen müssen. Im Januar hat sich heraus kristallisiert, dass wir mehr auf die eigene Jugend setzen wollen, die Jahr für Jahr thüringenweit erfolgreich spielt. Es ist festgelegt worden, dass man intensive Gespräche mit den A-Junioren führen muss und ihr Weg über eine Zweite führen muss, um die Oberligareife zu erwerben. Mit dem Trainer ist gesprochen worden, der das akzeptierte, uns aber in Kenntnis setzte, diesen Weg nicht mit uns zu gehen. Wir haben dann ein Trainerprofil für diesen Weg aufgestellt und Gespräche mit Kandidaten geführt. Ende März fiel die Entscheidung.

Hagen Becker macht es jetzt. Und wie ging es weiter?

Holger Bühner bat mich persönlich, die Mannschaft zu informieren. Ein Trainer, der das leistete, was Bühner zehn Jahre in Gotha gemacht hat, der teilweise Kaffee und Tee kochte, damit die Spieler im Bus etwas zu trinken hatten, dem gesteht man das zu. Nachdem das Team Bescheid wusste, erfolgte die Mitteilung der Öffentlichkeit. Jetzt reden wir mit den Spielern über die Zukunft. Bald ist Mitgliederversammlung, dort werden weitere Details bekannt. Eine Woche später ist Meldeschluss für die Oberliga. Bis dahin müssen wir uns entscheiden - Oberliga oder Thüringenliga.

Wie reagierten die Spieler?

Mit denen ich sprach, besser als ich es erwartete. Aber erstens ist es so, dass sie aus dem Umfeld schon Informationen hatten und zweitens wurden sie über verschiedene, getroffene Entscheidungen zeitnah unterrichtet. Die Spieler wissen genau, dass sich etwas ändern muss. Jetzt müssen wir sehen, wer zu uns hält, einen neuen Weg mit uns gehen möchte. Schließlich ist Wacker weiterhin eine gute Adresse im Thüringer Fußball.

Von einem "neuen Konzept" ist die Rede. Wie sieht das aus?

Was heißt neues Konzept? Wir müssen uns auf die äußeren Einflüsse und Gegebenheiten besser einstellen. Ich möchte, dass der Nachwuchs als vollwertiges Mitglied nicht nur im Verein, sondern auch in der Vereinsführung angesehen wird. Deswegen soll der Nachwuchsabteilung ein Vizevereinsposten zugewiesen werden. Also ein erweiterter Vorstand mit einer vollwertigen Stimmberechtigung für den Jugendbereich. Zweitens wollen wir versuchen, im ehrenamtlichen Bereich neue Wege zu gehen, die Aufgaben neu zu verteilen und bei der Sponsorensuche nach dem Motto "Aus Gotha - für Gotha" verfahren. Ich möchte einen Bäcker, einen Fleischer, einen Getränkehandel, eine Tankstelle haben - viele kleine Sponsoren. Das ist viel Arbeit. Es ist davon die Rede, dass man mit Spielern reden will, die den Verein in der Vergangenheit verließen. Provoziert man nicht eine Eskalation mit anderen Vereinen wie Siebleben? Frei nach dem Motto "die werben uns die Spieler ab!" Nein, das glaube ich nicht. Erstens, was Siebleben betrifft, schätzen Bertram Schreiber und ich uns. Siebleben hat von uns Spieler geholt, und wenn wir von Siebleben Spieler zurück holen sollten, gehört das zum Geschäft. Solange es sauber und ordentlich abläuft, ist es nichts Schlimmes. Zudem müssen wir auch nicht Siebleben in den Vordergrund bringen. Auch andere Mütter haben schöne Töchter. Wir reden mit denen, von denen wir glauben, dass sie zu uns passen und uns verstärken können.

Welche Fehler wurden gemacht?

Von Vereinsseite, dass wir mit den Spielern, die von den F- bis zu den A-Junioren erfolgreich für den Verein spielten, den Lückenschluss im Übergang zu den Männern nicht hinbekamen. Wir sind davon ausgegangen, die sind jetzt A-Junioren, dann werden sie auch für die Zweite spielen. Wir haben uns nicht ausreichend gekümmert. Genau an dieser Schnittstelle soll Hagen Becker anknüpfen, weil er viele Jungs, die weggegangen oder jetzt bei den A-Junioren sind, selber trainiert hat.

Die Schnittstelle ist auch die Zweite, die in vergangener Zeit vernachlässigt wurde. Nächste Saison kommt eine neue Regelung vom Thüringer Fußballverband: keine 17-jährigen A-Junioren dürfen mehr in einem Männerteam spielen. Wenn die Regelung greifen würde, gäbe es bei Wacker keine Zweite mehr. Hat man sich darüber Gedanken gemacht?

Erstens ist das erst ab kommender Saison der Fall und wir müssen den Beschluss akzeptieren. Joachim Zeng vom TFV hat mir das in einem Satz erklärt: "Wir haben einfach eine DFB-Richtlinie umgesetzt". Wir werden damit leben müssen, andere Vereine auch. Das minimiert natürlich unsere Zugriffsmöglichkeit in der Quantität auf unsere A-Junioren. Momentan ist es ein Segen, dass die A-Jungs zur Stange halten und Wochenende für Wochenende zwei Spiele auf sich nehmen. Aber auch im nächsten Jahr wird es eine Lösung geben und den älteren A-Junioren-Jahrgang werden wir weiter rechtzeitig in die Männerteams integrieren.

Wo wünschen Sie sich Wacker Gotha in einem Jahr?

Man muss realistisch bleiben. Ich wünsche mir, dass Wacker in einem Jahr als solides geführtes sportliches Unternehmen funktioniert und die Leistungen, die wir mit dem Nachwuchs erreichen, in den Männerbereich transportieren können. Egal, in welcher Liga wir spielen, wünsche ich mir, dass wir erfolgreich spielen. Ziel sollte es sein, dass die Leute sagen, dass es ehrliche Arbeit ist, die geleistet wird, ihre Kinder zu uns schicken und als Zuschauer ins Stadion kommen, auch wenn die Männer spielen. Aber ich wünsche mir auch Geduld, Vertrauen und Hilfe, wenn mal nicht alles so läuft wie geplant.

Sascha Richter / 17.04.13 / TA

Quelle:www.thueringer-allgemeine.de


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